Bauherrschaft

Agostino und Johanna Garbald waren ein weltoffenes Paar mit einem ungewöhnlichen Lebensentwurf in einem Tal, welches nicht immer abgelegene Randregion war.

Bevor sich nämlich die Gotthardroute samt Schienenstrang zur Nord-Süd-Hauptachse entwickelte, war das Bergell eine wichtige Verbindung nach Italien. Von dieser Bedeutung und dem grossen Reichtum dank im Ausland vermögend gewordener Zuckerbäcker, dank Söldnertum und Transitverkehr zeugen nicht nur die Salis-Paläste in Soglio und Bondo und der Palazzo Castelmur in Coltura in lombardisch/venezianischem Stil, sondern viele weitere eindrückliche «Palazzi».

Ausdruck dieses kosmopolitischen und bürgerlich-liberalen Selbstverständnisses ist ebenfalls das Wohnhaus mit Pergola und Gartenanlage, welches sich der Zolleinnehmer Agostino Garbald für seine Familie von einem der damals europaweit bedeutendsten Baumeister, Gottfried Semper, entwerfen liess. Bereits ein Jahr nach der Eheschliessung (1862) mit seiner Frau Johanna Gredig (1840–1935) erteilte der Bergeller Zollbeamte Agostino Garbald (1829–1909) dem renommierten Baumeister Gottfried Semper (1803–1879) den Auftrag für ihr Haus in Castasegna.

Agostino Garbald und seine Frau Johanna führten ein Leben humanistischen Zuschnitts. Statt als Zolldirektor im Staatsdienst Karriere zu machen, blieb Agostino in Castasegna, wo er seiner Leidenschaft als Naturwissenschaftler frönte: er richtete eine der ersten meteorologischen Stationen der Schweiz ein, welche er während fast 40 Jahren mit grosser Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt führte, betrieb botanische Studien, gehörte zu den ersten Bienenzüchtern im Tal, gründete und leitete während einiger Jahre die Bergeller Gemeinnützige Gesellschaft, war Mitglied des Kreisschulrates sowie der Naturforschenden Gesellschaft der Schweiz. Seine Gattin Johanna erlangte unter dem Pseudonym Silvia Andrea als Schriftstellerin nationale Bekanntheit. Beide führten sie ein Leben abseits tradierter Rollenaufteilung zugunsten einer gleichberechtigten Partnerschaft, die wesentlich auf der gemeinsamen Freude an Wissen und Bildung basiert.

Andrea, der erste Sohn, kam 1877 zur Welt, 1880 die Tochter Margherita und 1881 Augusto. Letzterer kam 1931 in Brasilien ums Leben. Andrea wurde Fotograf und eröffnete 1899 in seinem Heimatdorf Castasegna ein eigenes Fotostudio und Optikergeschäft. Die Schwester führte eine kunstgewerbliche Werkstatt und assistierte ihrem Bruder im Fotolabor.

Alle drei heirateten nicht und blieben kinderlos. Andrea und Margherita waren es, die den Familien-Nachlass 1955 in eine Stiftung überführten.


Gottfried Semper im Bergell. Die Garbald-Saga, Du – die Zeitschrift der Kultur, 1999
«Das Märchen von Castasegna» – Ursula Bauer und Jürg Frischknecht (wanderweb)

 

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